Die Ecurie auf Madeira

Seitdem ich zum ersten Mal auf der portugiesischen Atlantikinsel Madeira war, war es mein Wunsch, hier einmal eine Rallye zu fahren.

Volta Madeira 1

 Neben der Speedrallye „Vinho do Madeira“ wurde vor 27 Jahren die „Volta“ für klassische Automobile ins Leben gerufen und 2008 war sie sogar FIVA World Rallye. Dann kam die Weltwirtschaftskrise, Sponsoren (wie z.B. die Fähre von Lissabon) fielen weg und Teilnehmer vom Festland blieben fern.. Die Zahl madeirensischer Klassiker ist allerdings überraschend hoch und die Madeirenser sind „ autoverrückt“.

Zur Insel

Madeira ist ca.57 km lang und ca. 22 km breit. Geht man vom Atlantikboden aus, dann ist Madeira 8 km hoch, davon liegen knapp 2 km über dem Meeresspiegel. Strand gibt es kaum, Steilküsten überwiegen. Innerhalb von 15 Minuten kann man auf kurvenreichen Kletterpisten von 0 auf 1900 Meter fahren! Bekannt ist die Insel für ihren Pflanzen- und Blumenreichtum, sowie seinen Wein und seinen Rum. Ihr Flughafen steht teils auf Stelzen im Wasser und gleicht einem Flugzeugträger.

Der Hafen wird von den größten Kreuzfahrschiffen angelaufen. Das Klima ist ganzjährig nahezu gleichmäßig warm (ca. 24 Grad) und mild. Ist eine Inselseite sonnig, dann ist die andere in Wolken und auch mal in heftigem Regen gehüllt – der Preis für den Pflanzenreichtum. Kräftige Flüsse in tief eingeschnittenen Tälern durchziehen das Land. Überall findet man vereinzelte Häuser und Dörfer mit liebenswerten, freundlichen und enorm fleißigen Menschen. Vieh ist selten und die wenigen Kühe leben in kleinen Hütten – sie könnten sonst abstürzen. Einzig auf dem Hochplateau, das die Insel auf der westlichen Seite durchzieht, läuft Vieh frei herum – auch auf den Straßen.

Womit wir zum Thema „Rallye“ kommen können.

Heute ist die Insel von Tunneln durchzogen. Die kleinen urigen Straßen, die die Orte verbinden, existieren aber nach wie vor und sind durch die „tunnelisierten“ Schnellstraßen entlastet – ideales Rallyeland also! Eine ca. 1 km lange Gerade ist bei der geologischen Struktur der Insel kaum zu finden – Kurven, Kurven und nochmals Kurven, bergauf und bergab. Hier ist die Navigation noch recht leicht. In den verwobenen Ortschaften sieht es dann aber oft anders aus und die Anfahrten zu den Verbindungsstraßen sind oft knifflig. Als Ausländer hat es auch kaum Sinn, einen Anwohner zu fragen. In Funchal und den touristisch erschlosseneren Orten ist Englisch aber üblich – vergesst deutsch!

Volta Madeira 2

Zur „Volta“

Die Nenngebühr für die 2-Tages-Veranstaltung betrug 350,- €, für Clubmitglieder 250,- €. Mein Kontakt auf der Insel war der Eigentümer des Galo-Resort Roland Bachmeier. Er vermietet auch Klassiker und ist Clubmitglied. Der TR 6, den er an einen Freund und mich (als Navigator) vermietete, war von ihm zur Rallye gemeldet. Einen Healey 3000 hatte er an ein holländisches Paar vermietet – somit waren wir 3 Ausländer.

Volta Madeira 3

Die Regularien waren im Internet, auf Portugiesisch. Das deutsche Übersetzungsprogramm war absoluter Murks, das englische aber recht gut – und dann war da ja auch noch Roland.

Donnerstags war ab 18 Uhr Papier- und Fahrzeugabnahme sowie Ausgabe der Startzeiten und der Schnitte und Kilometrierungen der Sonderprüfungen, nicht aber deren Lage. Die erhielten wir erst am Samstag 15 Minuten vor dem Start zusammen mit dem sehr übersichtlichen und genauen Roadbook (Chinesen).

In diesem Jahr waren nur 13 Sonder-/Zeitprüfungen angesagt, nach 18 im Vorjahr. Die Prüfungen waren bis zu 10 km lang, mit bis zu 6 wechselnden Schnitten zwischen 28 und 36 km/h, was bei den madeirensischen Straßen keinen Schlendrian zuließ.

Die Zeitprüfungen waren „haarig“. In jedem Wagen waren 2 GPS-Geräte installiert, deren Daten direkt an die mobile Rallyezentrale gingen.

Angeblich gab es 50.000 Messpunkte bei, wie gesagt, wechselnden Schnitten, Glücklicherweise hatte ich eine Schnitttabelle und vorwärts laufende Stoppuhren mitgebracht und auf dem Handy ein GPS-Rallyeprogramm – leider funktionierte das so gut wie gar nicht. Abweichungen zwischen 3% und 13% zum Roadbook waren gängig. Den Tacho konnten wir auch kaum brauchen, der war in Meilen. Wir konnten die Schnittwechselpunkte also nur ahnen. Dennoch haben wir uns recht gut geschlagen – Platz 16 (nach Platz 19 am 1. Tag) von 30 Teilnehmern (bei 4 Ausfällen) war letztlich ok und wenn der Wagen auf einer steilen bergauf Passage nicht überhitzt gestottert hätte (fast 3 Min. bzw.899 Strafpunkte), dann wäre Platz 11 drin gewesen.

Zum Ambiente ist zu sagen, dass es super war. Zur Abnahme waren die Wagen publikumswirksam in der „Avenida“ aufgestellt. An der Strecke gab es sog. Regroupments, wo Getränke und Kuchen gereicht wurden. Die Mittagspausen waren „südländich“: 2-2,5 Std., jew. 4 Gänge, Kaffee und Getränke frei. Gleichzeitig wurden live die Zeiten der noch fahrenden Konkurrenten auf großen Bildschirmen gezeigt, sowie alle Zwischenergebnisse inkl. der Abweichungen an den (geheimen) Messpunkten und das jeweils vorläufige Klassement.

Die Siegerehrung fand in Funchal's No. 1 Adresse mit einem Galadiner statt, das vom Eigentümer gesponsort war. Leer sind wir auch nicht ausgegangen und haben eine Übernachtung in einem Top-Hotel in Santana gewonnen.

Roland hat meinem Fahrer Gabriel und mir für‘s nächstes Jahr (29.06. - 01.07.2018) den Healey zugesagt.

Wenn dieser Bericht Appetit gemacht hat, dann sagt mir Bescheid.

Ich kann nur sagen, Madeira macht happy!

Rolf-Karl Döhring

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